Uff, der Beipackzettel – soll ich den wirklich lesen?
Wir alle kennen es: Ein neues Medikament, als Erstes purzelt ein eng gefalteter Zettel aus der Verpackung – die Packungsbeilage, meist Beipackzettel genannt. All diese merkwürdigen Begriffe, und dann sind da auch noch diese Aufzählungen von Warnhinweisen und Nebenwirkungen. Trotzdem gibt es gute Gründe, das Papier auseinanderzufalten und sich bestimmte Bereiche auf dem eng bedruckten Zettel näher anzusehen. Denn nur, wenn das Medikament genau nach Vorgabe eingenommen wird wird, kann es auch richtig wirken. Deshalb geben wir dir hier einen Überblick über die entscheidenden Informationen auf dem Beipackzettel. In jedem Fall gilt: Solltest du unsicher sein, was die Einnahme oder Anwendung eines Medikaments angeht, frage in deiner Apotheke oder Arztpraxis nach!
Beipackzettel-Basics: Was besonders wichtig ist
Ein Einschub vorweg: Was in welcher Reihenfolge in einer Packungsbeilage steht und welche Informationen sie enthält, ist gesetzlich vorgegeben. Auch die Packungsbeilage durchläuft eine Prüfung und Freigabe durch die zuständigen Behörden, unter anderem, wenn ein Medikament auf den Markt kommt. So ist sichergestellt, dass der Beipackzettel alle wichtigen Informationen für Patient*innen enthält – doch leider ergibt sich aus diesen gesetzlichen Vorgaben oft ein komplexer und manchmal verwirrender Text.
Jeder Beipackzettel ist immer gleich nach sechs Punkten aufgebaut. Punkt eins beschreibt den Wirkstoff und seine Anwendungsgebiete, also bei welchen Symptomen oder Erkrankungen das Medikament eingenommen werden kann. Punkt sechs enthält zusätzliche Informationen zur Packungsgröße, zur Zusammensetzung des Medikaments und die Herstellerangaben. Für die Einnahme der Medikamente besonders wichtig sind die dazwischenliegenden Punkte zwei bis fünf: Sie beschreiben unter anderem, was genau bei der Einnahme zu beachten ist und wie du das Medikament richtig lagerst.
Beipackzettel, Punkt 2: Was vor der Einnahme zu beachten ist
Punkt zwei des Beipackzettels beinhaltet Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen – zum Beispiel, bei welchen Erkrankungen, Allergien oder Unverträglichkeiten das Medikament nicht eingenommen werden darf oder welche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten können. Diese lange Liste kann bedrohlich wirken – das liegt daran, dass jede einzelne Vorsichtsmaßnahme dort enthalten sein muss.
Wichtig: Unter diesem Punkt steht auch, was während der Behandlung mit dem Medikament zu beachten ist: Beispielsweise,
- ob du Alkohol, bestimmte Säfte, Tee oder Kaffee meiden solltest,
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- ob das Medikament die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöht (in diesem Fall solltest du besonders auf guten Sonnenschutz achten),
- ob das Medikament die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigt – wenn ja, heißt das: Lass dein Auto oder auch das Fahrrad stehen.
Grundsätzlich gilt: Verschreibt dir dein*e Ärzt*in ein Medikament, berücksichtigt sie oder er dabei, ob Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die du zu dir nimmst, auftreten können. Auch deshalb ist es wichtig, dein Behandlungsteam darüber zu informieren, welche Medikamente du insgesamt einnimmst und welche Unverträglichkeiten du hast. Solltest du unsicher sein, ob bei der Verschreibung alles berücksichtigt wurde, frage in deiner Praxis nach.
Beipackzettel, Punkt 3: Die richtige Einnahme oder Anwendung
In diesem Abschnitt der Packungsbeilage steht ganz allgemein, in welcher Dosierung und wie oft das Arzneimittel üblicherweise angewendet werden soll. Dort steht allerdings auch: „Falls vom Arzt nicht anders verordnet“ oder eine ähnliche Formulierung. Das bedeutet: Auf dem Rezept legen Ärzt*innen oft nicht nur das Medikament, sondern auch die Dosierung fest – also, wie oft und in welcher Menge das Medikament eingenommen werden soll. An diese ärztliche Verordnung solltest du dich halten, auch wenn sie nicht mit den Angaben auf dem Beipackzettel übereinstimmt. Halte im Zweifel Rücksprache mit deiner Arztpraxis.
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Wichtig: Unter „Art der Anwendung“ finden sich Informationen, wie du das Medikament einnehmen oder anwenden solltest, beispielsweise: „Creme dünn auftragen“, „Tablette unzerkaut mit reichlich Wasser zu den Mahlzeiten einnehmen“ oder „auf nüchternen Magen“. Diese Informationen nehmen auf dem Beipackzettel nur wenig Raum ein – sind jedoch enorm wichtig: Manche Medikamente wirken zum Beispiel nur effektiv, wenn sie auf nüchternen Magen geschluckt werden. Bei anderen ist das Gegenteil der Fall. Auch die Verträglichkeit eines Medikaments hängt oft von der Art der Anwendung ab. Sich an diese Vorgaben zu halten ist einfach – und kann dir das Leben deutlich leichter machen.
Gut zu wissen: Was bedeutet eigentlich „auf nüchternen Magen“? „Nüchtern“ bedeutet hier nicht, keinen Alkohol zu trinken, sondern einen möglichst leeren Magen zu haben. Das ist morgens vor dem Frühstück sowieso der Fall. Sollst du im Laufe des Tages Medikamente auf nüchternen Magen einnehmen, achte darauf, dass du davor zwei bis drei Stunden nichts isst, sondern nur Wasser trinkst. Nach dem Schlucken des Medikaments wartest du möglichst noch einmal 30 bis 60 Minuten, bevor es ans Essen geht. Steht im Beipackzettel „vor einer Mahlzeit“, bedeutet das, dass das Medikament ebenfalls 30 bis 60 Minuten vor dem Essen eingenommen werden sollte – und nicht kurz davor, die Gabel schon in der Hand.
Beipackzettel, Punkt 4: Die Auflistung der Nebenwirkungen
Ja, die Liste der Nebenwirkungen kann beunruhigend sein. Das liegt auch daran, dass alle Nebenwirkungen, die in Studien dokumentiert wurden, aufgelistet sein müssen. Dieses transparente Vorgehen ist sinnvoll, da so die Informationen für alle einsehbar sind. Gleichzeitig können die Angaben Sorge vor den Nebenwirkungen auslösen – und wer ängstlich ist, dem fällt es schwer, Daten rational zu betrachten. Doch selbst „häufige“ Nebenwirkungen betreffen maximal jede zehnte Person und nicht fast alle – selbst wenn sich das beim Lesen des Beipackzettels so anfühlt.
Hier eine Auflistung der verschiedenen Häufigkeiten von Nebenwirkungen, auch in Prozentwerten:
Sehr selten: Die Nebenwirkung betrifft weniger als 0,01 Prozent der Behandelten, also bis zu eine Person von 10.000.
Selten: Maximal 0,1 Prozent (1 von 1.000) sind betroffen.
Gelegentlich: Bei maximal 1 Prozent (1 von 100) der Behandelten tritt die Nebenwirkung auf.
Häufig: Die Nebenwirkung macht sich bei bis zu 10 Prozent (10 von 100) der Behandelten bemerkbar.
Sehr häufig: Mehr als 10 Prozent weisen eine Nebenwirkung auf – also mehr als jede zehnte behandelte Person.
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Wichtig: Wenn du nach der Einnahme eines Medikaments Nebenwirkungen vermutest, setze das Medikament nicht einfach ab oder ändere die Dosierung. Sprich mit deinen behandelnden Ärzt*innen, um die Symptome einzuordnen und eine gut verträgliche Lösung für dich zu finden.
Beipackzettel, Punkt 5: Die Aufbewahrung des Medikaments
Hier steht, wie du das Medikament lagern solltest: Manche Medikamente brauchen Kühlschranktemperaturen, um ihre Wirksamkeit zu behalten, andere müssen vor Licht geschützt aufbewahrt werden. Auch diesen Abschnitt der Packungsbeilage genau zu lesen ist wichtig. Viele Medikamente sollten beispielsweise nicht bei Temperaturen über 25 Grad Celsius gelagert werden – im Hochsommer oder auf einer Urlaubsreise in heißere Länder sind sie also besser im Kühlschrank aufgehoben.
Zweifel? Immer nachfragen!
Von „Wirkt die Therapie überhaupt, ich merke gar nichts?“ über „Früher hatte ich nicht so oft Kopfschmerzen, ist das eine Nebenwirkung?“ bis zu „Mir geht’s super, eigentlich könnte ich die ganzen Medikamente weglassen“ – egal was dich in Bezug auf deine Therapie beschäftigt: Sprich mit deinem Behandlungsteam! All diese Themen können deine behandelnden Ärzt*innen einordnen und dann gemeinsam mit dir Lösungen finden.
Wie bereitest du dich auf ein Gespräch mit deinem Behandlungsteam so vor, dass du alle für dich wichtigen Anliegen besprechen kannst? Das erzählen dir der ehemalige Beachvolleyballer Julius Brink und die Medizinische Fachangestellte Ines Maria Baeblich in der Folge „Arzttermin beim Dermatologen – Tipps zur optimalen Vorbereitung“ unseres HAUTWENDE-Podcasts „Unter die Haut“.